Ich hatte mich ja bereits episch über (übertriebene) Political Correctness ausgelassen und hätte nicht gedacht, dass ich nochmal der Meinung wäre, ich müsste eigens einen neuen Beitrag verfassen, um einige Dinge nachzutragen. Wirklich. Inzwischen würde ich nicht ausschließen, dass irgendwann auch noch ein Teil 3 folgt.
So bin ich z.B. heute erstmals über die Unterstrich-Lösung für „geschlechter- und diversitätsgerechtes Schreiben“ (sic!) gestoßen. Und die geht mir ganz schön gegen den (Unter-)Strich. Also noch mehr als das sogenannte Binnen-I. Sprich: Völlig korrekt ist ja angeblich z.B. „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“. Als Kurzform wird wurde bislang die Binnen-S-Lösung akzeptiert: „MitarbeiterInnen“. Als wäre das nicht schon schlimm genug, gibt es – um die Perversion auf die Spitze zu treiben – nun aber noch die Unterstrich-Lösung: „Mitarbeiter_innen“. Warum? Weil sich sonst diejenigen diskriminiert fühlen, die nicht wissen, ob sie Männlein oder Weiblein sind (Stichwort: Transgender). Man (und frau!) lernt eben nie aus.
Herr und Frau vorragend.
Aber frei nach Die Ärzte: Ist das noch Sprache? Hier wird schriftliche Sprache bis zur Grässlich- und Unlesbarkeit vergewaltigt. Goethe und Schiller würden sich im Grabe umdrehen.
Der folgende skurril bebilderte Film ist für Internetverhältnisse ein wenig lang und durchaus anstrengend anzusehen. Aber er ist sehr sehenswert und greift einiges auf, auch wenn der Bezug zur Political Correctness nicht sofort, sondern erst ein wenig später erkennbar ist.
http://www.youtube.com/watch?v=WHitZTp2eXU
Im Film wird ganz kurz Bezug genommen auf den „[download id=11]“ (etwa bei Minute 17:53). Der hält sogar beispielsweise „Füttern“ für nicht mehr zeitgemäß und meint, dies sei mit „beim Essen behilflich sein“ zu ersetzen. Einen lesenwerten Artikel zu diesem Leitfaden gibt es übrigens von Bernhard Lassahn auf „Die Achse des Guten“.
Auch Umformulierungen werden empfohlen, wie z.B. „ärztlicher Rat“ statt „Rat des Arztes“. Da bin ich aber gespannt, wie künftig „Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen sie ihren Arzt oder Apotheker“ lauten wird. Eigentlich ja dann
„Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen sie ihre Ärztin oder ihren Arzt oder ihre Apothekerin oder ihren Apotheker oder eine andere unschlüssige Person in einem medizinischen Berufsfeld.“
Und vor allem, in welcher Geschwindigkeit das dann abgespielt werden muss, um nicht noch mehr teure Werbezeit opfern zu müssen!
Fragen kann man ja jetzt. Und zwar die Agentur für Gleichstellung im ESF (ESF = Europäischer Sozialfond für Deutschland. – Es sollte lieber mal jemand etwas gegen die ganzen Abkürzungen unternehmen!) Dort stellt man auch gleich eine umfangreiche Materialsammlung zur Verfügung.
Außerdem möchte ich mal anprangern, dass es fortan im Netz-Slang bitteschön korrekterweise auch „Deine Mudda und dein Vadda“ heißen muss.
Übrigens: Die Mitglieder der Initiative „Politisch korrekt“ kann mich mal weisen darauf hin, dass man seinen Sklaven ruhig wieder „Neger“ nennen darf und nicht unbedingt als „NegerIn“ bezeichnen muss. (Quelle: Stupidedia) Dort ist man im übrigen der Meinung, dass durch den massiven Gebrauch politisch korrekter Formulierungen es gar nicht mehr möglich sei, politisch korrekte Satire zu machen. Sowas führe gar zu Satirischer Korrektheit. Darüber sollte man mal nachdenken.
Ach ja, und wo ich gerade wieder dabei bin: Was muss ich da auf der nagelneuen Website der baden-württembergischen Landesregierung sehen: Es gibt neben der Sprachauswahl „Gebärdensprache“ an der Stelle, an der man sonst vielleicht auf Englisch umschalten könnte, nun einen Umschaltlink „Leichte Sprache“?! Ist das jetzt für Dumme auf Bildungsebene Herausgeforderte? Oder ist hier eher „Verständliche Sprache“ gemeint? Und warum sind dann nicht einfach alle Inhalte verständlich aufbereitet? Soll es hier etwa elitäre Bereiche geben, die nur für ausgewählte Personenkreise lesbar sind? So wie früher sich der Klerus durch Latein vom Pöbel absetzen und das Volk für dumm intellektuell benachteiligt verkaufen konnte? Nein, ich fürchte wirklich, sie sind für das Niveau von Dreijährigen gemacht. Zitat:
„Der Chef der Landes-Regierung heißt Minister-Präsident. Er hat Kollegen. Sie heißen Minister und Ministerinnen. Alle haben viele Aufgaben…“
Ich glaube nicht, dass es das ist, was das Netzwerk Leichte Sprache wirklich unter Leichter Sprache versteht.
Okay, ich nehme das sofort zurück. Gerade finde ich deren Regeln für Leichte Sprache (Sorry! Die „Regeln von denen“). Dass man besser „Bus“ als „Omnibus“ schreibt, ist für mich einleuchtend (und ohnehin Alltagssprache). In der Schriftsprache aber „Dieses Gesetz gilt für alle Menschen“ durch „Dieses Gesetzt ist für alle Menschen“ ersetzen zu wollen, halte ich für bedenklich. Abkürzungen auszuschreiben (z.B. „zum Beispiel“ statt „z.B.“ ) finde ich um der Verständlichkeit willen wieder gut. Sehr stramm finde ich andererseits wiederum die Empfehlung, auf den Genitiv zu verzichten (also des Genitivs ledig zu werden) und so z.B. statt „Das Haus des Lehrers“ lieber „Das Haus vom Lehrer“ zu empfehlen. Man sieht: Ich bin hin und her gerissen. Aus meiner Sicht gibt es da ein paar sehr sinnvolle Regeln, aber auch ein paar sehr kranke, die am Ende zur vollständigen Verblödung der Menschen und Kastration der deutschen Sprache führen. Die Rechtschreibreform war da nur ein erster Schritt. Es fällt der Jugend doch offenbar ohnehin zunehmend schwerer, nur halbwegs geradeaus zu sprechen oder einen einzigen fehlerfreien Satz zu schreiben. Ist es da förderlich, per Sprachkondom Schützenhilfe zu leisten?
Nun ja, um zum Thema zurückzukommen und ein Fazit zu ziehen…
Politisch korrekt zu sein, bedeutet noch lange nicht, korrekt zu sein!
Oder wie es andernorts oft heißt: „Politisch korrekt zu sein, bedeutet sich ständig zu entschuldigen.“
Und wenn dieser Wahnsinn nicht bald aufhört, nimmt Chuck Norris das in die Hand.